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Ethik & Empathie

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Seit ich mich mit dem Thema befasse – und im Grunde auch vorher schon – ist mir aufgefallen, dass viele das Nichttöten (und Nichtquälen) von (nichtmenschlichen) Tieren mit Empathie begründen. So passend sie für diese Individuen auch sein mag – sie will mir nicht gefallen. Meines Erachtens ist Mitgefühl weder eine Notwendigkeit noch ein Garant für Moral.

Vielleicht bin ich damit alleine, aber meines Erachtens sollten ethische Fragestellung in gewissem Sinne rational und nicht emotional beantwortet werden können. Denn Gefühle sind letztendlich immer willkürlich – und auf Willkür sollte man Werte, die ja oft auch einen gewissen Anspruch auf Allgemeingültigkeit (wenn dieser auch nie absolut sein kann) haben, nicht begründen. Vielmehr sollten sie sich logisch aus gewissen Grundannahmen schlussfolgern lassen. Natürlich kann eine Ethik niemals allen Personen gerecht werden… irgendwer wird es immer anders sehen. Aber mit einem einfachen «ich empfinde das eben so» möchte ich mich auch nicht zufrieden geben.

Ich nehme an der Stelle einfach mal mich selbst als Beispiel, werde aber später auch noch mal allgemein auf die Fragestellung eingehen. Das erste Mal mit Vegetarismus in Kontakt kam ich im Kindergarten. Als Begründung wurde hier, wie so oft, angeführt, die Tiere täten der entsprechenden Person eben Leid. Was an sich natürlich alles andere als verwerflich und sicherlich auch ein guter (persönlicher) Grund ist, sie nicht zu verzehren oder anderweitig an ihrer Tötung mitzuwirken. Es ist aber aus meiner Sicht kein Argument für Vegetarismus (oder Veganismus oder irgendwas anderes). Mir taten sie nämlich nicht Leid. Und das tun sie auch heute nicht. Genauso wenig, wie mir die oft herangezogenen (ver)hungernden Kinder in Drittweltländern leidtun. Aber müssen sie das, damit ich ihre Situation verurteile(n kann)? Damit ich ihr Leid anerkennen kann? Damit ich Verbesserungen für notwendig halten kann? Ich denke nicht.

Nur, damit mich keiner falsch versteht: Stünde ich einem solchen Kind gegenüber, täte es mir womöglich tatsächlich Leid. Ich weiß es nicht. Aber das spielt keine Rolle. Wenn ich jetzt daran denke, dass tagtäglich unzählige Kinder verhungern, empfinde ich dabei keine Trauer und auch kein Mitgefühl. Ich sehe es als schlecht an, ja. Aber Mitgefühl? Nein.

Außerdem könnte man sicher leicht Praktiken wie zum Beispiel die Todesstrafe rechtfertigen, wenn man als Gegenargument lediglich Mitgefühl ins Feld führt. Zumindest kann ich mir vorstellen, dass viele Leute kein Mitleid mit Mördern oder Kinderschändern hätten. Ich allerdings muss für mich sagen, dass ich die Todesstrafe ablehne.

Worauf kann man dann die Rücksichtnahme auf andere Lebewesen (und seien es auch ‹nur› Menschen) begründen? Ich möchte es mit Logik probieren.

Meine Grundannahme dafür ist, dass jedes Lebewesen erstmal frei und gleichwertig ist. Das heißt, es ist niemandem gegenüber verpflichtet und kann – sofern niemand anders dadurch beeinflusst wird – tun und lassen, was es will. Und zwar schlicht aus dem Grund, dass es selbst auch das einzige ist, das die Konsequenzen aus dieser Handlung zu tragen hat. Sobald jemand anderes diese ebenfalls zu tragen hat, muss er mindestens in die Entscheidung mit einbezogen werden.

Weiterhin zählt es auch nicht mehr oder weniger als irgendein anderes, denn wer könnte letztendlich beurteilen, was mehr und was weniger wert wäre und auf welcher Grundlage? Absolute Objektivität existiert ja bekanntermaßen sowieso nicht, also ist es auch nutzlos, sich der Illusion hinzugeben, sie täte es.

Wenn man dies beides akzeptiert, stellt sich die Frage, unter welchen Umständen man das ‹Recht› hätte, eine andere Kreatur zu töten. Da beide gleich viel wert sind, drängt sich eine Situation auf, in der es um Leben und Tod geht – und in der einer von beiden sterben muss, damit der andere überleben kann. Nun kann man einerseits argumentieren, dass es in diesem Fall am gerechtesten wäre, derjenige stürbe, der nur durch das aktive Töten des anderen überleben könne, da dieser, der ja ohne jegliche Veränderung der Situation sein Leben behielte, dadurch vielleicht eher ein Recht darauf hätte (gesetzt dem Fall, es müsste überhaupt nur einer von beiden töten).

Andererseits könnte man diese Art des Egoismus auch gewissermaßen verzeihen (unter der Prämisse, in so einer Situation handelte jeder so oder einfach dadurch, dass das Interesse am eigenen Überleben dies rechtfertige). Oder auch nicht. Damit will ich mich momentan gar nicht näher befassen, da diese Situation im Grunde nichts mit der Fragestellung zu tun hat – sie trifft jedoch in Bezug auf Pflanzen zu (ohne deren Konsum der Mensch ja letztendlich nicht überleben kann), da kann sich an dieser Stelle jeder seine eigene Meinung zu bilden.

Ist aber diese Voraussetzung, dass es um das eigene Überleben geht, nicht mehr gegeben, stellt sich die gleiche Frage erneut: Warum töten? Vor allem: Warum töten, wenn es nicht nötig ist? Es gibt keinen überlebenswichtigen Grund dazu – dementsprechend keinen für einen selbst wirklich essentiellen. Für die Gegenseite allerdings ist diese Frage allesentscheidend. Sie hat dort also einen sehr hohen Stellenwert, während der ‹Nachteil› auf unserer Seite letztendlich zu vernachlässigen wäre, stellt er doch lediglich den Verlust der Befriedigung oberflächlicher Gelüste dar.

Sind die Interessen desjenigen, um dessen Leben es dabei immerhin geht, in dem Fall nicht höher zu bewerten? Egal, ob man ihn mag oder nicht?

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